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发表于2024-11-14
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Neue Zürcher Zeitung
Einfach – aber nicht bescheiden
Das Haus Wittgenstein und die klassische Moderne
«Ich glaube, ich habe nie eine Gedankenbewegung erfunden, sondern sie wurde mir immer von jemand anderem gegeben, und ich habe sie nur sogleich leidenschaftlich zu meinem Klärungswerk aufgegriffen.» Diese Worte von Ludwig Wittgenstein finden sich in den «Notizen», die Bernhard Leitner seinem Buch über das Wittgenstein-Haus voranstellt. Dem Autor ist es zu verdanken, dass das Gebäude an der Wiener Kundmanngasse 1971 in einer dramatischen Aktion vor dem Abriss gerettet wurde.
Die erste Bauphase des Wittgenstein-Hauses im Jahre 1926 war bestimmt durch eine enge Zusammenarbeit von Margarethe Stonborough-Wittgenstein, der Schwester Ludwig Wittgensteins, als Bauherrin, dem Loos-Schüler Paul Engelmann als Architekt und Ludwig Wittgenstein als Beobachter und Einflüsterer. Leitner erkennt bereits in einer Planskizze vom Mai 1926 die «architektonische Hauptidee von klarem Gestus: eine zentrale Halle mit angrenzendem Musikzimmer, Speisezimmer und Frühstückszimmer», die er sich nur aus dem Zusammenspiel von Margarethe und Ludwig Wittgenstein erklären kann. In den übrigen Räumen sei dagegen die Loos'sche Bauschule deutlich ersichtlich. Engelmann, der schliesslich Wittgenstein in die Planung einbezog, bekannte in einem Brief von 1953, dieser sei «der eigentliche Architekt» gewesen. Das lange Schweigen der Fachwelt zum 1928 vollendeten Haus Wittgenstein erklärt der Autor mit einer radikal neuen, aber eben nicht dem Geist der frühen Moderne verpflichteten baukünstlerischen Sprache. Architekten, wie der damals junge Ernst Plischke, fassten später ihre Abneigung gegen den Bau unter dem Stichwort «Dilettantismus» zusammen. Andere zweifelten daran, dass Wittgenstein wesentlichen Anteil an Planung und Ausführung hatte. Leitner bescheinigt auch der Forschung Blindheit für eine Architektur, die bewusst «keine Wohn- oder Stilform» habe, dafür einen «Raum-Sinn», der «in den eng verknoteten Raum-Verbindungen, in Material, Farbe und im Detail» spürbar sei.
Unerwähnt bleibt bei Leitner die ins Auge springende Verwandtschaft dieser Architektur mit dem von den Avantgarden propagierten «Stil jenseits der Stile»: das gleiche Streben nach Einfachheit, dieselbe Schmucklosigkeit bis zur Askese, Präzision, formale Reduktion sowie eine klare Beziehung der Teile aufeinander und auf das Ganze. Doch Wittgensteins Einfachheit gilt nicht der Ökonomie, denn alles ist Einzelanfertigung. Seine Vorliebe für Metall und Mechanik gilt nicht einer fortschrittlichen Technologie, sein Sinn für Präzision verträgt sich mit Massverschiebungen, etwa den unterschiedlich dimensionierten Bodenplatten in den einzelnen Räumen. Kein Wunder, dass die Vertreter des Neuen Bauens hier eine feindliche Übernahme, wenn nicht eine Verunglimpfung ihrer ideologisch fundierten Ästhetik witterten. Loos, der den Architekten zum Dienst an der Menschheit berufen sah, hatte die Devise ausgegeben: «Genug der originalgenies! Ein haus gleiche dem anderen!» Wittgensteins Impetus ist ein grundsätzlich anderer. Architektur, wie er sie denkt und in einem einzigen Bauwerk zu verwirklichen sucht, sollte, so Leitner, auf nichts als auf sich selbst verweisen.
Der Autor lässt in seinem Porträt des Bauwerks «die von Anfang an gewünschte, in keiner Weise aber programmatische Absonderung» als «Haltung» eines Individualisten erkennen. Ganzseitige Schwarzweissfotos und eine knappe, auch dem Laien verständliche Sprache beleuchten seine Entdeckungen. Der Besucher wurde (vor der Verlegung des Haupteingangs) durch einen leicht längsrechteckigen, als «Eingang» deklarierten Raum, einen anschliessenden quadratischen «Vorraum» und durch eine Glastüre über eine halbgeschossige Treppe in die zentrale «Halle» geleitet. Der in sich geschlossene Raum fungiert durch Türen an allen Seiten gleichzeitig als «Gelenk» auf dem Weg zu Saal, Wohnzimmer, Terrasse und dem in der Achse des Eingangs liegenden Treppenhaus mit Aufzug. Das aus der Sicht der Moderne inakzeptable räumliche Sowohl-als-auch gibt dem Erdgeschoss seine singuläre architektonische Gestalt. Leitner spricht von der «Zeit-Dimension», die der «statisch-würdevollen Ästhetik» widerspreche.
Bei den einheitlich vertikal gegliederten zweiflügeligen Fenstern, Türen und Fenstertüren bringt der Wechsel von transparenten und transluziden Scheiben (im Staccato von Neben- oder Hintereinander) Bewegung ins räumliche Gefüge. Die Passagen mit verglasten Doppeltüren zwischen der Halle und den angrenzenden Räumen interpretiert der Autor als «Zelebrieren» einer kurzen Wegstrecke. «Beim Schliessen der Doppel-Türe faltet sich dieser Weg-Raum wieder zurück in die Wand.» Für nackte von der Decke hängende Glühbirnen, wie sie Wittgenstein für alle Räume vorschrieb, war die Zeit noch nicht gekommen. Leitner ist solchen Brüskierungen der damaligen Avantgarde mit sichtlichem Vergnügen auf der Spur. Er entdeckt sie nicht zuletzt in den technischen Details, die sorgfältig beschrieben und unter funktionalen und ästhetischen Gesichtspunkten bewertet werden. Zu den Missverständnissen, denen das Haus nach dem Krieg ausgesetzt war, gehört die weisse Ausmalung sämtlicher Innenwände. Wittgenstein selbst hatte einen auf den Charakter der einzelnen Räume farbig abgestimmten, seidig schimmernden Stuccolustro verwendet.
Die im Buch dokumentierte Rettung des Wittgenstein-Hauses besitzt eine doppelte Lesart, als mutige Einmann-Aktion und als kulturpolitische Posse rund um einen Wiener Klüngel aus Architekten und Denkmalschützern. 1975 wurde das Haus an Bulgarien verkauft. Bei der Renovierung für die Nutzung als Kulturinstitut wurden auch Wände eingerissen – für den Retter Bernhard Leitner ein «sinnentstellender» Angriff auf die Architektur, der «durch keine Nutzungsänderung zu rechtfertigen ist».
Gabriele Hoffmann
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